Bericht über den Workshop der Nachwuchsgruppe zum Forschungsschwerpunkt „Sozialgerichtsbarkeit und Sozialpolitik“ am 5. und 6. Juli 2018 in Kassel

Die Nachwuchsgruppe „Die Sozialgerichtsbarkeit und die Entwicklung von Sozialrecht und Sozialpolitik in der Bundesrepublik Deutschland“ führte am 5. und 6. Juli 2018 in Kassel einen Workshop zu ihrem Forschungsschwerpunkt „Sozialgerichtsbarkeit und Sozialpolitik“ durch. Die interdisziplinäre rechts- und sozialwissenschaftliche Nachwuchsgruppe untersucht die Sozialgerichtsbarkeit als wesentliche Institution im sozialen Rechtsstaat und in der Sozialpolitik der Bundesrepublik Deutschland. Sie arbeitet dazu in drei Schwerpunkten. Der Arbeitsschwerpunkt „Sozialgerichtsbarkeit und Sozialpolitik“ gründet auf der Feststellung, dass die Verknüpfungen zwischen beiden Bereichen bislang weder politikwissenschaftlich noch sozialrechtswissenschaftlich empirisch und konzeptionell aufgearbeitet worden sind. Die politische Relevanz der Gerichtsbarkeit zeigt sich jedoch etwa dann, wenn Entscheidungen Einfluss auf sozialpolitische – etwa gesetzgeberische – Maßnahmen haben. An der Zunahme von Klagen kann sich die Konflikthaftigkeit von Rechtsnormen ablesen lassen. Die Sozialgerichtsbarkeit ist als eine Arena im Sozialstaat anzusehen, in der verteilungspolitische Konflikte ausgetragen werden.

Sozialwissenschaftliche Konflikttheorien standen daher im Fokus des ersten Workshoptages, an dem die Mitglieder der Nachwuchsgruppe verschiedene konflikttheoretische Konzepte vorstellten und in Bezug zu ihrem jeweiligen spezifischen Forschungsthema setzten. Die Überlegungen und Thesen wurden zunächst von Prof. Dr. Tanja Klenk, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg, kommentiert und dann unter den rund 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus dem Kreis des Forschungsverbundes Sozialrecht und Sozialpolitik der Hochschule Fulda und der Universität Kassel (FoSS) und aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales intensiv diskutiert. Die Diskussion diente der Nachwuchsgruppe unter anderem dazu, das Forschungsthema aus unterschiedlichen  Perspektiven sozialwissenschaftlicher Theorie in den Blick zu nehmen und so bisherige Denkansätze zu vertiefen und neue zu erschließen.

Den zweiten Workshoptag eröffnete Prof. Dr. Felix Welti, Universität Kassel, mit einem Vortrag über „Sozialgerichtsbarkeit und Sozialpolitik aus rechtlicher Sicht“, in dem er die strukturelle Kopplung von Recht und Politik im Verfassungsstaat beschrieb. Der Rechtswissenschaftler erläuterte insbesondere neben der primären Kopplung durch die Gesetzgebung weitere Kopplungen von (Sozial-)Politik und Recht/Gerichtsbarkeit im Hinblick auf Organisation, Personalauswahl, Rechtsauslegung und Gesetzgebung sowie bei der Einbeziehung von Wissen und Diskursen in die Rechtsfindung. Die zur Diskussion gestellten Thesen und die Debatte im Anschluss griffen unter anderem den „Dialog“ zwischen Rechtsetzung und Rechtsprechung auf, der etwa dann festzustellen sei, wenn Gesetzgebung Bezug auf Impulse aus der Rechtsprechung nehme, die dies umgekehrt antizipieren könne.

Im Anschluss referierte Dr. Marc von Miquel, Geschäftsführer der Dokumentations- und Forschungsstelle der Sozialversicherungsträger in Bochum, über historische Forschung in der Sozialgerichtsbarkeit. So stellte er unter anderem das in der nordrhein-westfälischen Sozialgerichtsbarkeit durchgeführte Projekt „Sozialgerichtsbarkeit und NS-Vergangenheit - Karrierewege, Konflikte, Rechtsprechung am Beispiel Nordrhein-Westfalens“ vor.

Programm der Veranstaltung