Wechselwirkungen zwischen Gesundheit und Verrentung: Soziale Ungleichheit vor dem Hintergrund einer Anhebung des Rentenalters
Projektträger: TU Dortmund und Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Projektverantwortliche: Frau Dr. Carolin Kunz; Herr Prof. Dr. Rasmus Hoffmann
Das Vorhaben beschäftigt sich mit dem Thema Gesundheit als eine wichtige Determinante des Renteneintritts. Personen mit schlechter Gesundheit und geringerer Bildung gehen häufiger unfreiwillig in Rente und dies hat negative Auswirkungen auf Gesundheit und Wohlbefinden nach der Verrentung. Gleichzeitig müssen Menschen mit wenig Einkommen häufiger trotz schlechter Gesundheit weiterarbeiten. Die bisherigen Forschungsergebnisse zu Wechselwirkungen zwischen Gesundheit und Rente sind nicht eindeutig, vermutlich deshalb, weil der sozioökonomische Status diesen Zusammenhang moderiert und dies bisher selten berücksichtigt wurde.
In Deutschland und vielen europäischen Ländern steigt die Altersgrenze für die Regelaltersrente. Dies gilt politisch aus mehreren Gründen als geboten: 1. Zunahme der Lebenserwartung, 2. Verbesserung von Gesundheit und Arbeitsfähigkeit, 3. schwierige finanzielle Lage der gesetzlichen Rentenversicherung und 4. Arbeitskräftemangel. Gleichzeitig ist die generelle Anhebung des Renteneintrittsalters ein gesellschaftliches Thema mit erheblichem Konfliktpotential, zwischen politischen Lagern, zwischen Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen und zwischen Generationen. Die sozial gerechte Ausgestaltung einer Anhebung des Rentenalters ist dabei ein entscheidender Faktor, um politischen Handlungsspielraum zu gewinnen und die beteiligten Interessengruppen zu überzeugen. Ob die aktuellen Rentenregelungen zu weniger sozialer Ungleichheit und mehr Gerechtigkeit beitragen, wie es sozialstaatlich geboten wäre, oder der Rentenübergang soziale Ungleichheit erhöht, ist in Gesellschaft und Wissenschaft umstritten (Haan et al. 2019; Shi & Kolk 2023). Unser Projekt adressiert den Forschungsbedarf in diesem entscheidenden sozialpolitischen Handlungsfeld, um evidenzbasierte Entscheidungen zu erleichtern.
Die Wechselwirkungen von Gesundheit, Rente und sozioökonomischem Status stehen im Zentrum unseres Verbundprojekts. Es teilt sich auf in zwei Arbeitspakete, die an der Universität Bamberg und an der TU Dortmund bearbeitet werden. Auf Basis des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) untersucht das erste Arbeitspaket (1) Determinanten, die zusammen mit einem schlechten Gesundheitszustand den Zeitpunkt der Verrentung beeinflussen, und (2) wie sich Gesundheit und Wohlbefinden in unterschiedlichen sozioökonomischen Gruppen nach Renteneintritt verändern. Das zweite Arbeitspaket untersucht anhand des Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe (SHARE), ob durch die Erhöhung der Altersgrenze für die Regelaltersrente in europäischen Ländern die Gesundheit und das Wohlbefinden sinken. Es werden fortgeschrittene Verfahren der Kausalanalyse (u. a. Interrupted Time-Series, Difference-In-Differences-Modelle mit Propensity Score Matching und Fixed-Effects Modelle) verwendet.
Aus den Ergebnissen leiten wir Handlungsempfehlungen für Politik, Wissenschaft und Unternehmen ab und kommunizieren diese in wissenschaftlichen Artikeln, Policy Paper und auf Konferenzen und einer öffentlichen Veranstaltungsreihe.